Gott sitzt und wartet
Manchmal bin ich gut, manchmal nicht und oft kann ich mich nicht entscheiden. Also entscheidest du. Mach mir ein Kompliment, verspotte mich oder sag nichts und genieße.
Und da sitze ich wieder, wie jeden Tag warte ich darauf das etwas, nur irgendetwas passiert. Ich langweile mich nicht, habe schließlich meine Gedanken, die frei und unbezwingbar sind, doch es geschieht nichts. Ich lebe und atme, ich sitze und warte, ich bleibe hier und gehe nicht. Es bleibt, was stetig ist, es wächst was durchdringend und individuell sein will.
Ich will. Ich lebe. Doch ich sitze hier und es bleibt still.
Ich bleibe stumm und rede nicht. Wir haben doch früher viel gelacht. Heute auch noch? Ich glaube nicht. Wir bleiben stumm und reden niemals, denn wer redet verliert, macht sich frei und denkt er wäre besiegbar, doch das stimmt nicht. Stimmte niemals. Also warte ich weiter, genieße die frische Luft. Sie umgibt mich und würde auch dich umgeben, wenn du es zulässt.
Ich starre gebannt nach vorne, auf dieses alte Schild mit der Aufschrift, „Richtung Zukunft“. Es verrostet von Jahr zu Jahr mehr, es wird eines Tages, wenn der Wind kälter und härter wird, ähnlich wie ein scharfes Messer, einfach hinabfallen und auf dem dreckigen Boden verrotten. Bis nichts mehr bleibt, bis nichts übrig ist außer kleine Metallstücke, Rost und der Gestank der vergangenen Trauer.
Deine Jugendlichkeit ist längst Geschichte, natürlich werden wir alt. Was dachtest du denn? Aber ich bleibe hier sitzen und langweile mich nicht, denn Langweiler sind all die Besserwisser und Verneiner der vergangenen Tage. Wir gehen weiter und weiter, erkunden Neues, aber ich kehre immer wieder hierher zurück und beseitige den Abfall, putze die Fenster, lüfte durch und wische Staub.
Ich erinnere mich an alles

„God of all days“
Denn es war alles ein langer Weg, auf einem flüssigen Teppich der Zeit. Einst kamen wir aus der Unendlichkeit und einst werden wir wieder eins mit genau dieser. Du bist das ganze Universum und du bist Nichts, nicht mal ein Staubkorn deiner Existenz. Alles läuft im Kreis und Einklang miteinander. Alles ist Zufall und Vorherbestimmung. Es gibt jeden einzelnen Gott und es gab nie einen einzigen Träumer der nicht selber hoch aufstieg. Wahr ist, was war. Glaube ist Wahrheit und Lüge.
Alles ist wahr, ich glaube an nichts. Nichts ist wahr, also glaube ich an alles.
Wir können es uns aussuchen. Oder sollte es lauten, nichts ist wahr, ich glaube an alles. Alles ist wahr, also glaube ich an nichts? Es klingt besser, an die Wahrheit zu glauben, als den Glauben zur Wahrheit, eine jämmerliche alte Lüge, verkommen zu lassen.
Die Zeit vergeht stetig, ob wir es wollen oder nicht. Nichts ist dehnbarer als das Zeitgefühl, aber dennoch vergeht sie unablässig und läuft Richtung Schicksal und unendliche Universumsgeschichte.
O-Ton Gott
Warum haben Sie die Zeit so unflexibel gestaltet?
- Nun, diese Frage stelle ich mir auch des Öfteren, aber dafür müssen sie wissen, dass die Zeit nicht von mir gemacht wurde. Sie war schon da, als ich mit meiner Arbeit hier auf der Erde angefangen habe. Sie sehen also, ich bin es nicht gewesen. Mehr habe ich dazu im Moment nicht zu sagen. Doch eins noch, nutzt eure Zeit besser. Glaubt mir… (Lacht) Wenn ich mir damals nicht so viel auf mich selber eingebildet hätte, wäre heute vieles anders. Ich war einfach und schlichtweg zu langsam. Ich gestehe, auch Gott macht Fehler.
Anmerkung der Redaktion: beim letzten Satz lachte Gott herzhaft auf.
* Das gesamte Interview mit Gott wird in der nächsten Ausgabe erscheinen.
Gott also – noch so ein Fehler den wir uns hätten sparen können. Auch er blieb einfach sitzen, ohne zu handeln, ich denke, ihm wurde alles zu viel, er hat die Übersicht und schließlich die Kontrolle verloren. Die Ausweispflicht wurde daraufhin wieder abgeschafft und jeder durfte rein. Na herzlichen Dank.
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