Über das Schreiben

Part III

Oder:

»Warum schreibe ich?«

Kann ich nicht beantworten. Da steckt zu viel hinter.
Es gibt keinen richtigen Moment, um das zu beantworten.

Ich schreibe, um zu vergessen, um alles zu verdrängen.
Ich erinnere mich, doch ich will nicht.
Ich tippe diese Worte auf digitales weißes Papier, damit mein Kopf leer wird und weil ich verlernt habe mit einem Stift umzugehen. Traurig aber wahr. Doch es kommt noch schlimmer.
Bitte glaube mir.
Alles muss raus. Es ist Ausverkauf. Gedankenverkauf.
Gedanken, die quälen. Gedanken, die töten.
Ohne Gnade.
Ich schreib sie mir von der Seele, weil ich sonst sterben muss.
Klingt böse, ist aber noch lange nicht alles.

Ich schreibe kryptischen Mist. Obskure Wahrheiten über dich und mich.
Schwammige Inhalte über jeden ein Mal.
Kyrillische Worte, wenn du magst, du verstehst sie ja eh nicht.
Loyale Formulierungen. Hochgestochen, scharf. Unendlich realitätsnah und doch weit weg. Suspekte Alltagstauglichkeit.
Damit jeder Bildleser seine Meinung bildet, sich ausmalt was ist und sich einmal fühlen darf, als ob wahre Gedanken seinen nutzlosen Kopf durchfluten.
Fremde Gedanken.
Na und. Besser als die eigenen zu analysieren.
Fremde Wesen überschütten sich mit sinnlosen Problemen, suchen keine Lösung, keinen Weg, nur größere Probleme, um sich zu brüsten, um eins zu sein mit der Masse aus Problemen und intellektueller Blödheit.
Schenkt uns bitte mehr Dummheit, ich danke.
Nutzlose Gedanken, kein Wert, kein Sinn, Unsinn.

Andere Gedanken

Ich schreibe für die Menschen, die da draußen, alle die in der Kälte frieren und nicht wissen, wo Anfang und Ende sind. Alle die sich vorschreiben lassen was sie kaufen, essen und mit wem sie schlafen sollen.
Einmal selber denken, das wäre wahre Größe.
Nie erreicht.
Große Welt, nicht weltoffen, dafür fremd im eigenen Hirn.
Weil fremde Gedanken, fremde Leben und anderes immer besser, immer sicherer erscheinen, nein sind, als das eigene ich.
Und ich verzweifel.
Aber macht euch darum keine Gedanken, es geht ja weiter, ihr werdet schon sehen.

Verbrannte Köpfe, gebratene Nudeln aus Asien und nichts weiter als leere Worte, die wie Kotze aus den Kehlen zurück laufen.
Iss es auf mein Sohn. Stopfe es dir rein, bis nichts mehr geht.
Wer denkt sich diesen Mist aus und wer liest es sich durch?
Zu viele und doch niemand.
Kein Verständnis. Denn da drüben ist anders und hier ist es schlecht, wir haben alles und regen uns über alle auf.
Wir liegen in einer vollen Badewanne und verdursten.

Ich drücke mich nicht aus, um verstanden zu werden.
Ich will verstehen.
Doch weiß ich nichts. Gar nichts. Wozu auch?
Kannst du dir das auch auf die Stirn schreiben?
Kannst du offen sagen, dass du Fehler begehst, begangen hast, dumm warst, dass du dich dafür schämst, es dir leidtut. Du nicht weißt warum dein Gewissen so ist?
Ja? Kannst du?
Denke darüber nach. Bitte.
Wir sprechen uns.
Ganz bestimmt.

Nur deine Fehler

Ich gestehe mir meine Fehler ein. Jeden Einzelnen und es sind viele.
Ich hinterfrage heute den Sinn von allem und weiß, es gibt keinen Größeren.
Ich habe verloren, was ich liebte, habe verloren, was ich sein wollte und ich verlor den Großteil meiner noch kleinen Existenz.
Zurück zum Anfang.
Mal wieder.
Zu finden wer ich wirklich bin ist neu. Zu wissen wer ich bin nicht. Aber es dauerte bis ich erkannte was ich sein kann:
Viel.
In den Augen anderer sogar noch mehr.

Noch da? Noch dabei?
Gut. Freut mich. Wirklich. Danke.
Und?
Nachgedacht?
Gut.
Setz dich. Einsatz geben. Wir spielen heute mal nicht um dein Leben.
Nein.
Es geht um etwas, dass es wirklich lohnt zu verlieren.
Tatsächlich?
Viel größer.
Es geht um deine beschissene Courage.
Meine habe ich mir nicht verdient. Aber wir sollten versuchen unser Leben jeden Tag ein Stückchen besser zu machen, jeden Tag ein bisschen weiter Richtung Glück zu gehen, dass ist es.
Freude geben. Liebe ernten.

Zu zweit

Ich danke jeder Person, jedem noch so kleinem Teil meines Lebens, das es bereichert hat.
Ohne dich will ich nicht mehr sein. Klingt wie eine Wiederholung, klingt wie schon oft erlebt, stimmt auch alles.
Oft erlebt.
Aber es ist anders und es gibt kleine Anzeichen, noch so kleine Gedanken, winzig kleine Gesten und Vorahnungen, dass das alles besser ist.
Besser werden wird.
Es nennt sich warten, abwarten, die Zukunft kommt auf uns zu.

Du, Dich, Dein.
Austauschbare Variablen für austauschbare Figuren.
Wenn ich dir weh tat, bitte verzeih.
Muss das nicht nochmal haben, ich verzichte gern.
Will hier raus. Will endlich wissen was als Nächstes kommt.
Ich werde es erfahren. Wir werden es sehen.
Mit aufgeblendeten Scheinwerfern rasen wir vorwärts. Unerträglich sanft, ruhig, dennoch voller Aufregung.
Dabei hoffe ich, dabei weiß ich und ich bin in einem Alter, da darf man so etwas wirklich behaupten und für Geld anbieten, dass du für lange Zeit das letzte kleine wichtigste Menschlein in meinem Leben darstellst.
Hoffen.
Ich hoffe sehr darauf.
Verstanden?
Bestimmt.
Hoffen auf Glück.
Nochmals danke.

Für lange Zeit.

Auf Nummer sicher gehen. Was auch sonst.
Noch so eine Wahrheit. Wir gehen immer auf Nummer sicher.
So ist das eben. Damit nichts passiert.
Es gibt immer Dinge, auf einem langen Weg, denen ausgewichen werden muss. Sonst sind die Probleme da, die unverzichtbare Qual. Der Stammtischtalk.
Alles Blödsinn. Großes Geschrei, weinen, sich wieder Probleme machen und wir sind zurück am Anfang.
Den kennen wir nun schon.

Ich hoffe.
Schließe die Augen, spüre dein Herz, atme tief ein.
Leben.
Mit dir, welch guter Gedanke. Von mir aus kitschig, ist mir aber auch egal. Einen blöden Liebesfilm verschlingt ihr und jeder andere begierig, weint, lacht und propagiert, wie traurig die Liebe doch ist. Die tausendfachen Multiwiederholungen über Liebe und nicht Liebe hört ihr euch im Radio immer wieder an. Mit den D bis Z Promis fangen wir nun wirklich nicht an, oder?
Wer liebt wen? Dummes Spiel. Dumme Menschlein.
Doch habt Angst vor euren wirklichen Gefühlen, vor denen, die euch und mich zu dem machen was wir sind.
Denker und die Guten.
Versteher und die Lieben.
Schöne Erinnerungen und ungeweinte Tränen.

Habt Angst davor eine Träne zu viel zu verlieren.
Geweint wird sowieso. Ob vorm Fernseher oder der Tageszeitung.
Oder doch lieber draußen bei einem Winterspaziergang nach dem ersten Weihnachten alleine?
Such es dir aus.

Es passiert wie es geschieht.
Es macht kein Halt vor dem hier oder vor dem anderem.
Es macht, was es will, denn wir sind geleitet durch uns selber.
Sonst ist aber alles gut?
Oder?

Manchmal höre ich das Leben tief in mir brodeln.
Ich schreibe, um zu vergessen.
Hab ich schon gesagt?
Ach ja.
Doch ich kann es nicht verdrängen. Ich will auch nicht.
Will Bilder sehen, Bilder leben. Erinnerungen haben.
Nicht alles kann ich für immer abwerfen. Nicht alles kann ich fressen und in mir aufnehmen wie ich das will. Vieles überschüttet mich und ich will nicht.
Ich kann nicht vergessen. Kann die Bilder der Vergangenheit nur anschauen, nicht verändern.
Ich gebe ihnen nur neue Namen und speichere sie unter Erfahrungen, Schatz oder Was-ich-sonst-so-erlebt-habe ab.

Fast geschafft

Worte sind da, um geschrieben zu werden.
Wahrheiten sind da, um ausgesprochen zu werden und um zu lügen.
Da fällt mir ein, es endet.
All die Lügen, die du hörst, sie sind alle wahr. Diese Ambivalenz war mir immer schon klar.

Letzte Worte, Tränen fließen.
So ist das immer, wenn es sich dem Ende naht.
Das war’s.
Aus.

Julian Alexander Post

12.12.2010

02 | Staub in der Wüste
01 | Neulich in Australien
Hey, kommst noch mit ins Easy - Kurzgeschichte
Manchmal und Immer Wieder
Gott sitzt und wartet